- Seit 1990 hat sich die Haftungssituation für Hersteller mit dem neuen EU-einheitlichen Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG) deutlich verschärft, weil die Haftungssumme pro Schadensfall für einen Zeitraum von 10 Jahren auf 75.000.000 € festgesetzt wurde.
Dazu kam die für den Verbraucher günstige Beweislastumkehr.
- Neue DIN - EN Normen ab 2005
Bis 1990 gab es einen DIN-Test, bei dem ein fahrfertiges Fahrrad auf Trommeln mit Stolperleisten gerüttelt wurde, ohne dass Kräfte gemessen wurden. Nach 1990 wurde die DIN-Prüfung deshalb geändert.
Sie besteht seitdem aus Ermüdungs - Einzelprüfungen der sicherheitsrelevanten Einzelteile mit genau definierten Kräften und Lastspielzahlen.
Beispiel: In China soll ein Lenker gekauft werden, der der DIN EN Normen entspricht, unabhängig davon in welches Fahrrad er verbaut wird.
Prüfungen nur auf einem Rüttelprüfstand bzw. Gesamtradprüfstand als „Prüfung nach DIN EN“ zu bezeichnen, ist betrügerisch und bewusste Irreführung des Verbrauchers und würde von der EU – Kommission (Technisches Komitee CEN / TC 333 „Fahrräder“) sicher mit Sanktionen belegt.
- Logistik des Herstellers
Wie oben ausgeführt, macht es für den montierenden Hersteller, der keine eigene Fertigung hat, auch gar keinen Sinn, das fertige Fahrrad zu prüfen, denn die Einzelkomponenten müssen bestellt und auf Lager gelegt werden, wenn der Auftrag für ein bestimmtes Fahrrad noch nicht definiert ist.
Anders gesagt: Am Lager müssen DIN-EN - geprüfte (oder besser nach härteren Prüfkriterien getestete) Teile liegen, die beliebig kombiniert werden können, so dass jedes daraus gefertigte Fahrrad als (mindestens) DIN-EN - gerecht gelten kann.
- Materialuntersuchungen
Vor allen Dingen bei geschweißten Bauteilen wie Rahmen ist für die Lebensdauer die Qualität der Schweißnaht entscheidend. Diese muss durch die Lebensdauer / Ermüdungsprüfung des fertigen Rahmens geprüft werden.
Eine Material-Analyse kann nur feststellen, ob eine mit dem Lieferanten vertraglich festgelegte Materialzusammensetzung eingehalten wird.
Eine Lebensdauervorhersage bzw. Qualitätsaussage des geschweißten Bauteils aufgrund einer Materialanalyse allein ist unmöglich. Schließlich kann aus jedem Material bei richtiger Dimensionierung ein sicheres Produkt entstehen.
- Zur Frage einer gerichtlichen Auseinandersetzung:
Vor Gericht kann sich der Hersteller nach dem ProdHaftG nur dann ent-lasten, wenn er alles nach dem Stand von Wissenschaft und Technik mögliche getan hat, um Sicherheit herzustellen.
Das heißt bei Gefahren durch Materialermüdung, dass von den einzelnen Bauteilen eine statistisch relevante Zahl von Teilen auf die Lebensdauer hin geprüft werden muss, da die Streuwerte in der Serie sehr groß sind.
Viele Firmen verzichten bisher auf statistisch relevante Losgrößen beim Testen, erreichen aber Sicherheit durch 10- bis 100- fache geforderte Lastspielzahlen bis zum Bruch. Damit sind in der Regel die Streuwerte nach unten abgedeckt, da diese auch noch die DIN-EN Werte erreichen.
Regelmäßig sind Gerichte davon ausgegangen, dass ein Hersteller der oben genannte Beweis nicht gelingen kann, wenn er überhaupt keine Tests nachweisen kann.
Ebenso kann sich ein Hersteller nicht entlasten, wenn er keine Marktbeobachtung bez. eventueller Schäden nachweisen kann.
Das berühmt / berüchtigte „HONDA - Urteil“ (BGH VI ZR 65/86) hat den Hersteller sogar dazu verpflichtet, Marktbeobachtung bezüglich fremder Anbauteile durchzuführen, die er selbst gar nicht montiert hat.
Vorsätzlich oder fahrlässig unterlassene Sicherheitsvorkehrungen der Geschäftsleitung können nicht nur den Versicherungsschutz der FIRMA gefährden, sondern sie können unter umständen auch für alle Geschäftsführer strafrechtlich relevant werden.
- Wie entscheidet ein Gericht?
Das Gericht hat keinen technischen Sachverstand und beauftragt gerichtliche Sachverständige, meist Professoren.
Bei Fragen von Materialermüdung z.B. ein anerkanntes Labor für Betriebs-festigkeit oder in der BRD die Bundesanstalt für Materialprüfung in Berlin oder andere Hochschulinstitute.
Auf keinen Fall werden vom Gericht Gutachter bestellt, die für eine Partei schon tätig gewesen sind.